Stadtrundgang durch das historische Germersheim

Es ist eigentlich schon Usus der Ortsgruppe des Schwarzwaldvereins zum Jahresende und -beginn, wenn die Wetterlage und die Kürze der Tageszeit eine größere Tour eigentlich nicht zulassen, eine Exkursion in die nähere Umgebung zu den kulturell wie historisch interessanten Orten zu unternehmen. Dieses Jahr sollte der großen Kreisstadt Germersheim ein Besuch abgestattet werden.

Germersheim kenn ich, war aber noch nicht dort. Diesen Satz hört man oft, wenn die Diskussion über ein mögliches Wanderziel darauf kommt, sehr oft. Zugegeben zu den attraktiven Städten mit ihren Einkaufzentren und Straßencafés gehört Germersheim nicht. Kommt man aber auf seine strategische Bedeutung im 19. Jahrhundert zu sprechen, braucht die Stadt keinen Vergleich mit Rastatt, der Bundesfestung zu scheuen. Im Gegenteil, in Germersheim sind noch zahlreiche Festungsbauten vorhanden, die in Rastatt infolge des Versailler Vertrages verschwunden sind. In Germersheim wurden auch aufgrund des Friedensvertrages nach dem 1. Weltkrieg zahlreiche Festungsbauten geschleift, allerdings durften die Bauten, die lediglich der Verteidigung dienten, erhalten bleiben. Diese Bauten werden heute neben Wohn- und Geschäftszwecken für kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Germersheim war schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bayrische Garnisonsstadt, in der bis zu 5000 Soldaten stationiert waren. Bereits zu Beginn der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts befasste sich der Deutsche Bund mit dem Festungsbau, dessen Grundsteinlegung am 18.10.1834 stattfand. Mit der bayrischen Festung, deren Hauptzweck den Schutz des rechtsrheinischen bayrischen Staatsgebietes gewähren sollte, entstand eine im Verbund mit Landau bestehende Landesbefestigung, die die deutschen Bundesstaaten vor dem Einfall von französischen Streitkräften auf der linken Rheinseite schützen sollte. Aber bereits mit der Fertigstellung der Festung galt die Anlage als überholt. Einerseits war die Entwicklung der Artillerie mit einer größeren Reichweite und dem Einsatz von Brisanzgeschossen weiterentwickelt worden, andererseits war das Elsass nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 dem deutschen Reich einverleibt worden, so dass ein Angriff der Franzosen nicht mehr über Landau und Germersheim zu befürchten war. Auch hatte sich die Kriegsführung im Gegensatz zu der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts grundlegend geändert. Aus dem Belagerungskrieg wurde - vor allem unter dem Einsatz der Feldeisenbahnen - ein Bewegungskrieg, der letztendlich in einen Stellungskrieg mündete. Im Grunde genommen bedurfte es hierfür keine Festungsstädte mehr.

ehemaliges Zeughaus         Tunnelgerüst       

                      Das ehemalige Zeughaus in dem das Straßenmuseum untergebracht ist                                                             Tunnelgerüst

Wir aber durften bei unvorhergesehen herrlichem Wetter bei unsrem kurzen ca. acht Kilometer langem Rundweg die eindrucksvollen noch bestehenden Bauwerke besichtigen. Beeindruckend waren vor allem das Weißenburger Tor und die noch vollständig erhaltene Fronte Becker. Am Weißenburger Tor mit der anschließenden Fronte Lamotte ist heute noch das Festungswerk mit seinen Verteidigungsanlagen vollständig erkennbar. Überwältigt von der Verteidigungskunst des 19. Jahrhundert beeindruckte die Wanderer besonders das riesige Fort der Fronte Becker, deren Hauptbauwerke neben den Kasernen und Munitionsdepots vor allem die unterirdischen Minengänge und Infanteriegalerien bildeten.

Ludwigs-Tor         Weissenburger Thorgebäude

Ludwigs - Tor                                                                                                  Weissenburger Thorgebäude

Ein ganz besonderer Höhepunkt war der Besuch des Straßenmuseums, das im ehemaligen Zeughaus (Lagerstätte für Infanteriematerial mit Werkstätten) untergebracht ist. Neben historischen Fahrzeugen und Baumaschinen wird hier ganz lebendig die Tunnelbauweise dargestellt. Besonders freuten sich die Teilnehmer aus Ettlingen, dass hier eines der ältesten bekannten Straßenhinweisschilder, nämlich der in Ettlingen heute noch bestehende „Hic“, dargestellt ist. Hierbei handelt es sich um einen dargestellten Mönch, der mit der einen Hand den Weg zum ehemaligen Kloster weist.

   Wandergruppe                                            Jakobuskirche

Wandergruppe                                                                                                                            Jakobuskirche

Nach den vielen Eindrücken, bei denen der Besuch der Garnisonskirche (Jakobuskirche) nicht unerwähnt bleiben soll, durften wir uns in einer Hütte des Pfälzer Waldvereins, die natürlich bezeichnenderweise ebenfalls im Festungsareal untergebracht ist, bei Pfälzer Spezialitäten laben.

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